Aus dem Sanella-Album Australien Neuseeland

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Und er zeigt auf die Küste, die hier nur einige Meilen von uns entfernt ist. Da taucht auch noch ein zweiter Kopf auf, und dann folgt ein langer, etwas rundlicher Körper. Mit trägen, schaukelnden Bewegungen spielen die Tiere neben unserem Boot. Als der Steuermann eine leere Konservendose nach ihnen wirft, verschwinden sie in die Tiefe. "Seekuh nix gefährlich. Nur spielen, schlafen und fressen", sagt der Malaie. "Leben dicht bei Küste, fressen Seegras und Algen." Richtig - da fällt mir ein, daß ich in der Schule etwas von Seekühen gehört habe. Sie sind keine Fische, sondern Säugetiere wie die Wale und Robben. Und weil sich die schwerfälligen Tiere kaum gegen ihre Feinde, die Menschen und die Haie, wehren können, sind sie sehr selten geworden. Übrigens: Hörner haben sie nicht - und melken kann man Seekühe auch nicht! Plötzlich zieht der Taucher stark an der Signalleine. Immer und immer wieder. Wir halten sofort an. Die Inder gestikulieren und schnattern aufgeregt. Irgend etwas ist passiert. Schnell werden die Seile, an denen der Japaner hängt, eingeholt. Das Wasser bewegt sich unruhig - es sieht aus, als koche es tief unten.

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Milliarden kleine Luftbläschen werden an die Oberfläche gestrudelt. Im grünen Wasser unter uns können wir jetzt schon die Umrisse des Tauchers erkennen. Seltsam - er schwankt heftig hin und her, dreht sich linksherum, rechtsherum! Fieberhaft öffnen wir den Helm, als wir den Japaner endlich an Bord haben. Der Mann ist ohnmächtig. Er blutet aus Mund und Nase. "Zu schnell hochgezogen", sagt der Malaie, "dann Mann bluten. Unten Wasserdruck groß, oben klein. Wenn schnell hochkommen, platzen Adern.

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Wir Taucher immer ganz langsam steigen lassen. Nur wenn Gefahr - dann schnell!" Nach einer kleinen Weile schlägt der Japaner die Augen auf. Dann berichtet er, daß er unten eine lange Muschelbank gefunden habe. Plötzlich sei das "lebendige Wasser" gekommen und hätte ihn hin und her geschleudert. Auf einmal hätte er keine Luft mehr bekommen und mit letzter Kraft die Signalleine gezogen. Es gibt wohl kaum einen gefährlicheren Beruf als den der Perlenfischer. Gerade die Gewässer vor Broome sind wegen ihrer vielen und heimtückischen Wasserwirbel - dem "lebendigen Wasser" - berüchtigt. Immer wieder kommt es vor, daß Luftschläuche oder Halteseile an Felskanten oder Wrackteilen hängenbleiben und reißen und daß Taucher bei zu schnellem Auftauchen schwere Unfälle erleiden. Wie viele Leinen wurden schon von den Luggern eingeholt, an denen kein Taucher mehr hing. Aber immer wieder gehen die Männer hinunter in das grüne Dämmerlicht der Tiefe, weil jeder von ihnen hofft, eines Tages auch eine Perle, groß wie ein Sperlingsei, mit heraufzubringen. Von Broome fahre ich mit einem Küstenfrachter nach Port Hedland weiter. Die Küste ist flach und trostlos hier. Sand, Sand und wieder Sand!

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